Sonntag, 17. Februar 2013

Der imaginäre Bollenhut


Der Freund behauptet, dass ich einen imaginären Bollenhut (er sagt Bommelhut) trage, da ich, sobald wir in Richtung Schwarzwald unterwegs sind, beim Anblick von Tannenbäumen in Begeisterung ausbreche.


Für die Nicht-Einheimischen sollte ich vielleicht erklären, dass der Bollenhut das Klischee des Schwarzwaldes ist. Wenn man erzählt, dass man aus dem Schwarzwald kommt, sehen alle sofort diesen Hut vor sich. Die ältere Generation der Damen erzählt dann schon einmal, dass sie früher eine Schwarzwaldpuppe zum Spielen hatten (hier: gefunden in Omas altem Zimmer).


Ich lasse mich nicht gerne in Schubladen stecken, deswegen trage ich auch keinen Bollenhut. Der Bollenhut ziert lediglich die Tracht eines einzigen Tales. In meiner Geburtstadt trägt man eine Radhaube. 
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ich gerne im Nadelwald umher stapfe und der Freund nicht viel vom Schwarzwald versteht.



Mein Freund sagt auch, dass ich gar nicht richtig im Schwarzwald aufgewachsen bin. Zugegebener Weise liegt die Stadt am Rande des Schwarzwaldes. Dennoch gibt es hinter unserem Garten direkt einen Wald, der nur aus Nadelbäumen besteht und spätestens nach 10 Minuten Autofahrt ist man mitten im Schwarzwald. Des Weiteren war ich (gefühlt) jedes zweite Jahr mit meiner Schulklasse am Wandertag an den Triberger Wasserfällen und die anderen Jahre sonst irgendwo zu Fuß im Schwarzwald unterwegs.

Ich mag den Wald genauso sehr, wie ich das Meer mag. 
Im Wald ertrage ich sogar den Schnee. 


Noch heute blicke ich von meinem alten Zimmer auf den Wald hinter unserem Garten und wenn ich meine Eltern besuche und es zur selben Zeit stürmt, sitze ich am liebsten vor dem Fenster und schaue den Tannen zu und höre dem Rauschen zu.


Im Schwarzwald wimmelt es von mythischen, sagenumwobenen Gestalten und wilden Tieren. Es gibt viele „Schwarzwaldgeschichten“. Wer von uns musste nicht das „Kalte Herz“ in der Schule lesen… 


Der Schwarzwald besteht für viele eigentlich auch nur aus Kuckucks-Uhren, Schwarzwälder Schinken und Schwarzwälder Kirschtorte. Schwarzwälder Schinken gibt es nicht, bei uns heißt das Speck. Und Schwarzwälder Kirschtorte wird oft verhunzt. Wenn ich sehe, dass Niederegger eine Marzipan Torte Schwarzwälder Kirsch anbietet und ich sehe, aus was sie besteht, möchte ich nur noch laut anfangen laut zu schreien. Der Fehler liegt hier bei weiten nicht bei Niederegger, sondern bei den Leuten, die das als Schwarzwälder Kirschtorte kennen und „anpreisen“. Den gleichen Reflex bekomme ich auch, wenn mir „Norddeutsche“ stolz mitteilen, dass sie Joghurt mit in die Sahne mischen. Das wäre so ähnlich, wie wenn ich an der Ost- oder Nordsee nach Ketchup zu meinem Fischbrötchen fragen würde.
Das ist aber nicht alles, was wir bieten können.

 Immer, wenn ich den Schwarzwald mit den ganzen Tannenbäumen  im Fernsehen sehe, werde ich etwas nostalgisch. Wer kommt bei diesem Anblick nicht ins Schwärmen?