Kohl und Natron --> ? bzw. a) und b)
a)
Generell kann man grüne Gemüse mit Natron kochen. Der
Blattfarbstoff Chlorophyll ist ein Chelat-Komplex, der aus einem Porphyrin-Ring
(mit verschiedenen Resten) und einem Magnesium-Kation (Mg2+)
besteht.
Beim Kochen geschehen zwei Prozesse. Der erstere ist Osmose,
das heißt dass die Ionen vom Gebiet der hohen Konzentration zum Gebiet der
niedrigeren Konzentration diffundieren, bis sich ein
Konzentrationsgleichgewicht zwischen beiden Gebieten gebildet hat.
In meinem Trinkwasser sind 8 mg/l Magnesium-Kationen. In
Grünkohl sind zum Beispiel 47 mg Mg2+ pro 100g Gemüse. In meinem
Fall, Wirsing, sind es 12 mg pro 100 g Gemüse.
Der Trick besteht also darin im Kochwasser eine höhere
Ionen-Konzentration zu erzeugen als im Gemüse, dann bleiben die Mineralien
im Gemüse.
Bei grünen Gemüse würden auch die Mg2+-Ionen aus
dem Chlorophyll verdrängt werden, damit geht die grüne Farbe verloren. Dazu
muss man aber kein Natron verwenden, normales Tafelsalz ist zur Erhaltung der
Farbe völlig ausreichend.
Hier habe ich gelesen, dass Natron die organischen Säuren
des Kohls neutralisiert, welche das Magnesium-Kation aus dem Kohl verdrängen,
was laut deren Aussage zum Verlust der grünen Farbe führt. In wie weit diese
Theorie wissenschaftlich belegbar ist, kann ich nicht sagen. Ich persönlich
finde die Osmose Theorie deutlich nachvollziehbarer.
b)
Es gibt einen zweiten Grund, warum man Kohl mit Natron
kocht. In den Kohlgewächsen sind auch viele Senföle vorhanden. Senföle finden
sich vor allem in den Gemüsen, deren Geruch wir als scharf empfinden (also auch
Rettich, Kresse, Meerrettich etc.) und sind chemisch gesehen organische
Isothiocyanate, sie enthalten also Schwefel-Atome. Diese Verbindungen werden auch
durch Luft-Sauerstoff oxidiert.
Sobald
diese Schwefelverbindungen oxidiert sind, werden sie geruchsfrei, das heißt,
dass der typische Kohlgeruch verschwindet.
Natron reagiert in Wasser basisch, das heißt, dass sich OH--Ionen
bilden. Der pH-Wert Wasser wird also alkalischer, was die Oxidation der
Schwefelverbindungen erleichtert. Bei der Oxidation reagieren die Schwefel-Atome
mit den Wassermolekülen. Dabei entstehen Protonen (also H+), die
dann mit den Hydroxid-Ionen (OH-) zu Wasser reagieren. Je
alkalischer das Kochwasser ist, desto mehr Senföle werden oxidiert, d.h. desto
weniger Kohlgeruch.
Die Senföle werden im Übrigen auch für Blähungen
verantwortlich gemacht. Das heißt, dass das Kochen des Kohls mit Natron, den
Kohl auch bekömmlicher macht.
Diesen Effekt kann man mit Salz nicht erreichen, denn Salz
reagiert mit Wasser zu einer pH-neutralen
Lösung, das heißt, dass die Oxidation nicht begünstigt wird.
Danke für die ausführliche Antwort. Ist ja faszinierend, was da so alles abläuft!
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